Arbeitest du noch oder promptest du schon? Wie KI die Arbeit in der Immobilienwirtschaft verändern kann

  • Künstliche Intelligenz bietet allen Bereichen der Immobilienbranche große Chancen zur Automatisierung und Beschleunigung
  • Faktor Mensch spielt bei der Digitalisierung eine wichtige Rolle als Innovationstreiber
  • KI-basierte Marktanalysen und -prognosen auch für kleinere Unternehmen zugänglich
  • Algorithmen helfen bei Betrugsschutz
  • Fachkräftemangel bremsen durch Wissenszentralisierung

Künstliche Intelligenz hat das Potenzial, einige der drängendsten Probleme der Immobilienbranche zu lösen. Dafür ist vor allem der Wille zur Innovation nötig, meint Gründer und Geschäftsführer des KI-basierten Dokumentenmanagementsystems docunite, Patrick Penn. Geschäftsführer, Asset- und Property-Manager, Makler und Digitalmanager profitieren nicht nur von automatisierten Workflows. Durch KI-Analysen und Prognosen können auch kleinere Unternehmen bessere Investment- und Projektentscheidungen treffen. Wissen wird zentralisiert, Transaktionen beschleunigt, der Fachkräftemangel könnte abgeschwächt werden. Penns Einschätzung zur Digitalisierung in der Immobilienbranche lautet: „Die gute Nachricht für die Immobilienwirtschaft: Vom technologischen Fortschritt durch KI können alle profitieren – vom großen Projektentwickler bis zum regionalen Maklerbüro. Die schlechte: Wir können uns nicht zurücklehnen und den Computer die ganze Arbeit machen lassen.“

Doch warum reden seit einigen Wochen Unternehmen und Medien von nichts anderem mehr als Künstlicher Intelligenz, obwohl die Technologie dahinter teilweise schon seit Jahrzehnten im Einsatz ist? „Der größte Unterschied von Open AI mit seiner Anwendung von ChatGPT und dem Nachfolgemodell GPT-4 im Gegensatz zu bisherigen Lösungen ist, dass es enorm nutzerfreundlich ist“, weiß Penn. „Echte Innovation entsteht – und das zeigen uns viele gescheiterte Digitalisierungsprojekte der Branche – wenn die Beteiligten richtig Lust auf die neue Software haben und sich individuelle Vorteile intuitiv erschließen.“

Wie konkret kann die Immobilienwelt von KI profitieren? Einige Beispiele zeigen, dass das Innovationspotenzial keine Zukunftsmusik mehr ist.

Intelligente Dokumentenverarbeitung und Workflow-Automatisierung

Die Immobilienbranche ist nach wie vor sehr dokumenten-lastig. Das hat viele wiederkehrende, manuelle Prozesse zur Folge. ChatGPT ermöglicht es, mit dem Dokumentenbestand zu ‚chatten‘ und ihn mit gezielten Fragen zu durchsuchen. KI kann helfen, automatisch Informationen aus Dokumenten wie Mietverträgen, Gutachten und Kreditunterlagen zu extrahieren und miteinander zu vernetzen. Ein Quantensprung im Vergleich zu der in der Kreditwirtschaft gängigen Dunkelverarbeitung. Durch Regulatorik – Stichwort ESG und Heizungsgesetz – und steigende Kreditanforderungen steigt zudem der Bedarf an verbindlicher und schneller Auskunftsfähigkeit. KI kann sich als interne Auskunftszentrale für Immobilienunternehmen etablieren, Plausibilitätsprüfung vorausgesetzt. Mit fortschreitendem Wissen kann sie auch Standarddokumente wie Mietverträge selbst generieren. „Unternehmen, die schon früh auf Datenverfügbarkeit gesetzt haben, sind deutlich im Vorteil, denn sie bildet die Grundlage für den erfolgreichen Einsatz von KI“, weiß Patrick Penn.

KI kann den Markt neu sortieren – und die Kleinen kommen plötzlich ganz groß raus

Es gibt viele Möglichkeiten, die Entwicklung eines Immobilienmarktes zu prognostizieren: welche Unternehmen wandern zu oder ab, welche Klimamodelle sind relevant, welche politischen Regulierungen haben Einfluss auf die Preisentwicklung? Große Analyse-Häuser, waren bisher deutlich im Vorteil. ChatGPT basiert auf global verfügbarem Wissen, was jeder nutzen kann. Es simuliert komplexe Szenarien und sagt mögliche Ergebnisse vorher, um bei strategischen Entscheidungen zu helfen. „KI wird zum virtuellen Sparringspartner des Asset Managers. Mit ihrer Analysehilfe werden Investitionsmöglichkeiten aufgedeckt, die andere vielleicht übersehen“, erklärt Penn. Investment- und Transaction Manager können Ankaufskriterien als Fragen an ChatGPT formulieren und nahezu in Echtzeit mit eingehenden Angeboten abgleichen und nach Potenzial kategorisieren. Auch kleinere Unternehmen erhielten laut docunite damit die Chance, mit den großen Playern der Branche mitzuhalten oder gar neue Geschäftsfelder für sich zu entdecken. „KI hat das Potenzial den Markt neu zu sortieren.“

Automatisierung von Due-Diligence und Transaktionsbeschleunigung

Algorithmen vergleichen Datenpunkte in verschiedenen Dokumenten und erkennen Unstimmigkeiten oder Ungenauigkeiten. „Bei der manuellen Dateneingabe gibt es viel Raum für Fehler“, weiß Penn aus Erfahrung mit vielen Digitalisierungsprojekten. Schlüsselwerte aus Dokumenten wie Mietverträgen und Zustandsbewertungen werden extrahiert und verglichen, um Probleme wie nicht übereinstimmende Werte oder unterschiedliche Adressen in den einzelnen Dokumenten zu finden. Unstimmigkeiten werden zur Nachverfolgung gekennzeichnet, wodurch das Risiko von Betrug oder Verzögerungen im Kreditgenehmigungsverfahren verringert wird. Während einer Transaktion können Investoren außerdem in Echtzeit Fragen innerhalb eines Q&As stellen. Antworten müssen lediglich auf Plausibilität geprüft werden. „Ein mehrere Monate dauernder Prozess lässt sich somit auf wenige Tage komprimieren. Das wird beispielsweise Einfluss haben auf die Geschäftsmodelle beratender Dienstleistungsunternehmen,“ so Penn.

Compliance und Betrugsschutz

Manipulierte Bilder und irreführende Beschreibungen lassen sich mit KI leichter erstellen denn je und können ebenso leicht unentdeckt bleiben. KI ist hier gleichzeitig das Problem und die Lösung. Denn Bildverarbeitungs- und KI-Algorithmen können Unstimmigkeiten in den Inseraten erkennen, Anzeichen von Bildmanipulationen identifizieren. Auch beim Einhalten von Compliance-Richtlinien kann KI unterstützen, indem Prozesse und Dokumente auf mögliche Unstimmigkeiten automatisch abgeglichen werden.

Wissen zentralisieren

Der Fachkräftemangel bedroht die Immobilienbranche. Aus dem „HR Monitor“ des EBZ – Europäischen Bildungszentrums der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft geht hervor, dass 55 Prozent der Unternehmen aus der Immobilienbranche im Fachkräftemangel ein Investitionshemmnis auf dem Weg zum Klimaschutz sehen. Um die Folgen von Mitarbeiterfluktuation abzumildern, müssen Unternehmen auf historisches und individuelles Wissen zugreifen können. Kollektives Wissen, das bisher über viele Mitarbeitende, externe Partner und Systeme verteilt war, wird mithilfe von KI und digitalem Dokumentenmanagement zentralisiert und jederzeit intuitiv verfügbar gemacht. Abrufbar durch einfache Fragestellungen. Das beschleunigt die Einarbeitung neuer Mitarbeiter. Zudem wird Quereinsteigern der Sprung in die Immobilienbranche erleichtert, weil neue Skills gefragt sind: Stichwort Prompt Engineering.